Gesundheits-Apps im Detail: Wie Sie Qualität und Sicherheit bewerten können
Gesundheits-Apps gewinnen zunehmend an Beliebtheit und bieten den NutzerInnen unkomplizierte Unterstützung bei gesundheitlichen Problemen wie Übergewicht, Diabetes oder psychischen Erkrankungen. Eine Umfrage von Civey zeigt, dass fast ein Drittel der Deutschen (31,6 Prozent) solche Apps nutzt. Dr. Petra Müllerová von der Lund Universität in Schweden schätzt, basierend auf einer Studie von IQVIA aus dem Jahr 2021, dass es weltweit etwa 350.000 Gesundheits-Apps gibt. Bemerkenswert ist, dass nur 110 dieser Apps die Hälfte aller Downloads ausmachen. Die COVID-19-Pandemie hat diesen Trend zusätzlich beschleunigt.
Gesundheits-Apps umfassen medizinische Anwendungen wie die deutschen digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) sowie zahlreiche Wellness-, Sport- und Lifestyle-Apps. Etwa 22 Prozent der Gesundheits-Apps konzentrieren sich auf mentale Gesundheit und variieren stark in ihrer Qualität und Sicherheit. Während viele Apps für Meditation und Yoga unproblematisch sind, können andere, die Krankheiten diagnostizieren oder heilen wollen, riskant sein. Dazu befindet sich eine Mehrheit der Gesundheits-Apps im App Store, die nicht wissenschaftlich geprüft sind und keine CE-Kennzeichnung (CE für „Conformité Européenne“) erfordern. Die EU-Richtlinien und Verordnungen legen grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen für Produkte fest. Die CE-Kennzeichnung zeigt an, dass das Produkt den Anforderungen entspricht, die die Europäische Gemeinschaft an die HerstellerInnen stellt. Dabei wiesen von über 8700 deutschsprachigen Apps in den Kategorien Gesundheit und Fitness sowie Medizin nur 41 im App-Store auf ihre Qualitätszertifizierung hin. Laut Angaben der Siegelanbieter und CE-Prüfstellen hätten hierbei mindestens 100 Apps ein Siegel oder eine CE-Kennzeichnung erhalten können. Von diesen 41 Apps erwähnten 34 ihre CE-Kennzeichnung im App-Store. Weitere fünf Apps verwiesen auf eines von 13 verschiedenen nichtstaatlichen Gütesiegeln, wie den AppCheck des Zentrums für Telematik und Telemedizin (ZTG), das HealthOn-Siegel, das DiaDigital-Siegel, EuroPriSe, HONcode, die Tests der Stiftung Warentest, Trusted Apps, das TÜV-Süd-Software-Prüfzeichen, Qualitätsprodukt Internetmedizin oder das eprivacyseal. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass nicht unbedingt ein Prüfsiegel benötigt wird, um diese im App-Store anzubieten. Sie müssen auch nicht zwingend von Experten aus dem Gesundheitsbereich entwickelt sein.
Besonders komplex sind Apps, die Künstliche Intelligenz (KI) und Chatbots einsetzen, da es sowohl zertifizierte als auch unkontrollierte Anwendungen gibt. Mit der steigenden Nachfrage nach Gesundheits-Apps wächst die Notwendigkeit einer genauen Differenzierung, da sich die Apps stark in ihren Einsatzbereichen und Methoden unterscheiden. Sie lassen sich grob in Gesundheitsförderungs-, Präventions- und Medizin-Apps einteilen. In der Praxis ergänzen sich Gesundheitsförderung und Prävention oft, weshalb eine klare Trennung schwierig ist.
Trotz des breiten Spektrums an Angeboten von Gesundheits-Apps ist es ratsam, auf bestimmte Risiken zu achten, da sie auch Schäden verursachen können. Dabei spricht man von Risiken wie Lieferung von irreführenden Informationen, Ermutigung zu Handlungen, die zu Gesundheitsschäden führen können, falschen Diagnosen, Übermittlung von fehlerhaften Messwerten an die AnwenderInnen oder dem Verkauf von Gesundheitsdaten der AnwenderInnen an externe Unternehmen. Diese Probleme haben in manchen Fällen keine schwerwiegenden Auswirkungen, können jedoch zuweilen ernste Konsequenzen nach sich ziehen. Aus diesem Grund ist es von großer Bedeutung, die Qualität einer Gesundheits-App sorgfältig zu bewerten. Zur Überprüfung gibt es bestimmte Hinweise, die dabei helfen, wie hochwertig die Qualität dieser App ist. Zum einen signalisieren positive Bewertungen und hohe Download-Zahlen nicht unbedingt die Qualität. Manche AnbieterInnen kaufen sogar positive Bewertungen, um im App Store besser dazustehen. Auf der anderen Seite kann eine App mit wenigen Downloads und Bewertungen dennoch hohe Qualität aufweisen. Des Weiteren sollten mehrere Aspekte bezüglich der App-Beschreibung beachtet werden. Hierbei ist eine klare Definition über die Funktion der App wichtig. Es ist wichtig anzugeben, dass die App bestimmte Grenzen hat, zum Beispiel, dass sie keinen Arztbesuch ersetzen kann. Ebenso sollte die App-Beschreibung beinhalten, für welche Zielgruppe die App geeignet ist und für welche nicht. Wenn die App potenzielle Risiken für bestimmte Personengruppen darstellen könnte (wie z.B. Menschen mit Epilepsie oder Rückenproblemen), sollte dies bereits in der App-Beschreibung im App Store transparent gemacht werden. Außerdem ist es wichtig zu erfahren, ob die App für Kinder und Jugendliche geeignet ist. Darüber hinaus sollten die Voraussetzungen für die Nutzung der App klar angegeben werden. Wenn besondere Einstellungen oder zusätzliche Geräte erforderlich sind, sollte dies ebenfalls in der Beschreibung vermerkt sein. Manche Apps benötigen beispielsweise Zugriff auf den Standort oder eine aktive Internetverbindung, während andere nur in Verbindung mit einer Smartwatch funktionieren. Genauso wie bereits im Beitrag „Gesundheitsinformationen im Netz: Wie geht man damit um und was beeinflusst die Nutzung von Gesundheitsinformationen?“ das Impressum von Internetseiten wichtig ist, sollte auch hier die Bekennung sichtbar gemacht werden.
Bezüglich der Finanzierung von Gesundheits-Apps gibt es kostenlose und kostenpflichtige Angebote. Wenn eine App kostenlos angeboten wird, erfolgt die Finanzierung normalerweise über andere Quellen. Es ist wichtig, dass bereits aus der App-Beschreibung im Store klar wird, wie die App finanziert wird, um Kostenfallen zu vermeiden. Die meisten Finanzierungsmodelle laufen über Sponsoring, bezahlte Werbung, In-App-Käufe, Testphasen und kostenpflichtige Nutzung oder Verkauf von Nutzerdaten.
Viele Gesundheits-Apps sammeln persönliche Daten wie Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht und Aktivitätsdaten wie Schritte oder Schlafmuster. Diese Informationen sind besonders sensibel und sollten nicht ohne klare Zustimmung weitergegeben werden. Nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist es grundsätzlich verboten, solche Daten zu verarbeiten, es sei denn, AnwenderInnen haben explizit zugestimmt. Bevor eine Gesundheits-App genutzt wird, müssen AnbieterInnen bestimmte Punkte in einer Datenschutzerklärung klarstellen. Diese wären beispielsweise, zu welchem Zweck welche Daten gesammelt werden, wo und wie die Daten gespeichert werden oder welche Schutzmaßnahmen es gegen Verlust oder Diebstahl der Daten gibt. Einige Apps funktionieren nur eingeschränkt, bis man den Datenschutzbestimmungen zustimmt. Es ist ratsam, nachträglich einzusehen, welchen Bestimmungen zugestimmt wurde und ob die Zustimmung jederzeit widerrufbar ist. Das Löschen der Daten ist meistens nur teilweise möglich und in der Regel nicht vollständig. Weitere Informationen zum Datenschutz und zur Datenschutzgrundverordnung können auf der Internetseite des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit unter bfdi.bund.de nachgelesen werden.
Was den Inhalt von Gesundheits-Apps anbelangt, müssen die Gesundheitsinformationen von Fachleuten gut recherchiert sein: aktuell, korrekt, vollständig und belegbar nach den Standards der Guten Praxis Gesundheitsinformation (GPGI). Diese Informationen sollten regelmäßig aktualisiert werden, da sich der medizinische Erkenntnisstand ständig weiterentwickelt. Idealerweise sollte eine App spätestens alle sechs Monate aktualisiert werden. Die Gesundheitsinformationen sollten neutral formuliert sein und keine bestimmten Produkte oder Methoden bevorzugen. Stattdessen sollten sie mehrere Optionen objektiv darstellen und Vor- und Nachteile benennen. Falls die App Bewertungen oder Empfehlungen gibt, sollten diese klar erkennbar und von anderen Informationen abgegrenzt sein. Alle Informationen sollten durch seriöse Quellen belegt sein, und der Anbieter sollte die Quellen und ihre Aktualität angeben, um die Wissenschaftlichkeit der Informationen zu gewährleisten. Wenn die App Übungen oder Anleitungen enthält, sollten diese klar verständlich sein. NutzerInnen sollten den Schwierigkeitsgrad anpassen können, Fortschritte sollten erkannt und gemessen werden, und es sollte eine klare Einordnung der gemessenen Werte geben. Die App sollte nur die für ihre Funktion notwendigen Daten sammeln. Zugriffsberechtigungen auf Funktionen des Smartphones sollten nur dann angefordert werden, wenn sie unbedingt erforderlich sind, z.B. die Freigabe des Standorts per GPS oder der Zugriff auf den Kalender. Die App sollte technisch einwandfrei funktionieren, um eine zuverlässige Nutzung zu gewährleisten.
Entlang von Checklisten kann die Vertrauenswürdigkeit und die Einschätzung eines Risikos bei der Nutzung überprüft werden. Das ÄZQ (Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin) bietet dazu Checklisten an, wie Risiken verringert werden können. Außerdem gibt es diverse App-Checker wie KV App Radar, AppCheck oder healthon.de, die beispielsweise den Mehrwert und die Risiken einer App besser einschätzen oder wie sehr eine App mit den Qualitätskriterien für Gesundheitsinformationen übereinstimmt.
In Summe zeigt sich, dass viele Risiken im Umgang mit Gesundheits-Apps existieren. Dazu listet dieser Beitrag die wichtigsten Hinweise auf, woran die Risiken erkennbar sein können. Zur weiteren Überprüfung können Checklisten und App-Checker benutzt werden. Gesundheits-Apps ersetzen wie auch Internetseiten keinen Arztbesuch. Daher ist es immer ratsam, persönlich ärztliche Hilfe aufzusuchen. Für das Handeln im Umgang mit Gesundheits-Apps haftet dieser Beitrag nicht. Er dient reiner Aufklärung und Wissensvermittlung.
Quellen:
Ärzteblatt, D. Ä. G., Redaktion Deutsches. (2018, Mai 3). Die wenigstens Medizin-Apps werben mit Gütesiegeln oder einer CE-Kennzeichnung. Deutsches Ärzteblatt. Quelle
BfGA. (2024). CE-Kennzeichnung—Definition. BfGA Beratungsgesellschaft für Arbeits- und Gesundheitsschutz mbH. Quelle
gesund-im-netz.net. (2024). Gesundheits-Apps. Gesund-im-Netz. Quelle
IHK Ratgeber. (o. J.). CE-Kennzeichnung | IHK München. Abgerufen 7. Oktober 2024, Quelle
klick2health.net. (2024). Gesundheits-Apps. Klick2Health. Quelle
Scherenberg, V. (2022). Gesundheits-Apps. In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden. Quelle