Von Jägern und Sammlern zu Ackerbauern: Die Transformation der menschlichen Nahrungsaufnahme
Der Mensch hat im Laufe seiner Evolution auf eine Vielzahl von Nahrungsquellen zurückgegriffen, was zur Arterhaltung in unterschiedlichen Ernährungssituationen beigetragen hat. Frühe Menschen passten sich insbesondere an lokale Nahrungsangebote an: Die Inuit ernährten sich vorwiegend vom Fischfang und der Jagd, während die Völker in tropischen Regionen hauptsächlich pflanzliche Kost konsumierten. Bereits vor etwa 2 Millionen Jahren nutzten die frühen Menschen wie Homo rudolfensis und Homo habilis Steinwerkzeuge, um Kadaver und tierische Nahrung zu zerlegen. Etwa 1,8 Millionen Jahre später entdeckte Homo erectus das Feuer, was es ermöglichte, rohe Lebensmittel wie Pflanzen und Fleisch zu verarbeiten. Dies führte zu einer Transformation von Aas und Beuteltieren in essbare Produkte. Der anatomisch moderne Mensch, Homo sapiens, trat vor rund 300.000 Jahren in Ostafrika auf und verbreitete sich vor etwa 60.000 bis 80.000 Jahren weltweit. Während dieser Zeit lebten die Menschen als Jäger und Sammler; ihre Ernährung variierte nach Jahreszeiten und geographischen Gegebenheiten. Diese Art der Ernährung war nicht immer ausgewogen und ließ sich durch Faktoren wie Energiedichte, Ballaststoffgehalt und Fettgehalt erklären. Der menschliche Körper hatte 300.000 Jahre (etwa 12.000 Generationen) Zeit, sich an diese Nahrungszusammensetzungen zu gewöhnen.
Mit dem Beginn der landwirtschaftlichen Revolution vor etwa 10.000 Jahren änderte sich die Nahrungsaufnahme grundlegend. Während unsere Vorfahren bereits Getreide und stärkehaltige Nahrungsmittel sammelten, führte der Fortschritt im Ackerbau zu einem erheblichen Anstieg der pflanzlichen sowie tierischen Nahrung. In der Jungsteinzeit (Neolithikum, 11.500 bis 3.600 Jahre vor heute) kam es zur Domestizierung von Wildtieren wie Schafen, Ziegen, Schweinen und Rindern, die zu Haus- und Nutztieren wurden.
Der historische Verlauf verdeutlicht, dass der Mensch und seine Vorfahren Allesesser (Omnivore) sind, wobei die pflanzliche Nahrung in der Evolution überwiegt. Dies zeigt sich auch heute noch an anatomischen und physiologischen Merkmalen des Menschen, die sich seit der Zeit vor 2,5 Millionen Jahren kaum verändert haben. Die Proportionen von Magen, Dünn- und Dickdarm sowie die Größe der einzelnen Verdauungsabschnitte deuten darauf hin, dass eine gemischte, aber überwiegend pflanzliche Ernährung vorliegt. Im Vergleich zwischen Fleischessern (Carnivoren) und Pflanzenessern (Herbivoren) fällt auf, dass der Magen bei Carnivoren etwa 70 % des gesamten Verdauungstrakts ausmacht, während die Darmlänge bei Herbivoren doppelt so lang ist. Auch die Entwicklung der Mahlzähne, die Abnutzungsspuren zeigen, und die Tatsache, dass Menschen keine stärkeabbauenden Enzyme im Speichel haben, weisen auf eine überwiegend pflanzliche Ernährung hin. Zudem ist unsere eingeschränkte Fähigkeit zur Synthese von Vitamin C ein weiteres Merkmal, das durch den regelmäßigen Verzehr von Vitamin-C-haltigen Früchten und Blättern in der Vergangenheit weniger relevant war. Im Gegensatz dazu können Carnivore Vitamin C selbst produzieren.
Genetisch gesehen spielt die Verwertung und der Stoffwechsel von Nahrungsmitteln eine zentrale Rolle, da sie über Millionen von Jahren durch konstante Nahrungsangebote geprägt wurden. Dieser Zustand hielt bis zum Ende der Sammler- und Jägerzeit an. Der Beginn der Ackerbauzeit vor 10.000 Jahren bot jedoch nur wenig Zeit zur vollständigen genetischen Anpassung an das "neue Nahrungsangebot". Dies wird besonders deutlich am Beispiel der Laktoseintoleranz und der Milch-Eiweiß-Unverträglichkeit, die auf eine unvollständige Anpassung hinweisen.
Das Gehirn ist ebenfalls ein bedeutender Faktor in der Evolution der Ernährung. Ein Vergleich des heutigen Gehirns mit dem eines Schimpansen zeigt, dass unser Gehirn dreimal so groß ist. Es gibt Annahmen, dass das Wachstum und die Entwicklung des Gehirns mit dem Fleischverzehr korrelieren. Die Gehirne von vegetarisch ernährten Neandertalern hatten ähnliche Größen wie unser Gehirn und verfügten möglicherweise über vergleichbare kognitive Fähigkeiten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Ernährung des Menschen über die Evolution hinweg deutlich entwickelt hat, was sich besonders in unserer Genetik und physiologischen Veranlagung widerspiegelt.
Quellen:
Bracht, Dr. med. P., & Leitzmann, Prof. Dr. C. (2020). Klartext Ernährung. Die Antworten auf alle wichtigen Fragen. Wie Lebensmittel vorbeugen und heilen. (2. Aufl.). Mosaik.
Carlberg, C., Klotz, L.-O., & Molnár, F. (2022). Nutrigenomik Gene und unsere Ernährung. Springer Spektrum.